Zu Besuch bei Zaki und Hanno
1990 kam Zaki im Rahmen eines Stipendiums des Goetheinstituts von Malaysia nach Berlin. Dass sie über 30 Jahre später noch immer hier leben würde, war nicht geplant – genauso wenig wie die spätere Gründung von Daun Daun, einem Herzensprojekt, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Hanno kurz vor der Corona-Pandemie ins Leben rief.
Zaki lernte Hanno während ihrer Zeit als Journalistin in Berlin kennen. Was als kreative Zusammenarbeit begann, entwickelte sich zu einer tiefen Partnerschaft – privat wie beruflich. Die beiden teilen ihre Leidenschaft für Kunst, Film, Literatur – und ganz besonders fürs Kochen und Essen.
Aus ihren gemeinsamen Medienprojekten entstand der Wunsch, Menschen nicht nur visuell, sondern auch kulinarisch für Kultur zu begeistern. Unter dem Namen Daun Daun veranstalten sie heute etwa einmal im Monat Dinner-Events in ihrem Zuhause. Dort bringen sie ihren Gästen die malaysische Kultur näher.
Wir haben Zaki und Hanno in ihrer Wohnung im Prenzlauer Berg, direkt am Kollwitzmarkt, besucht und mit ihnen darüber gesprochen, wie ihr Zuhause zu einem Ort des kulturellen Austauschs wurde.
Erzählt mal, was ist die Geschichte hinter Daun Daun?
Zaki: Das war ehrlich gesagt nie geplant. Wir arbeiten seit Jahren gemeinsam in der Medien- und Kulturbranche und haben damals bei einem Projekt mitgewirkt, bei dem türkische Kultur in Berlin über Essen vermittelt wurde. Das fanden wir richtig spannend. Irgendwann kam dann die Idee, etwas Ähnliches für Menschen zu machen, die gerade neu in Berlin sind. Wir haben alte Berlin-Filme ausgesucht und ein Menü dazu entworfen. So sind unsere ersten Food-&-Film-Abende entstanden. Daraus hat sich dann fast ganz natürlich die Idee entwickelt, auch meine Heimat Malaysia über Essen zugänglich zu machen.
Hanno: Ich habe in Malaysia erlebt, wie sehr Essen dort mit Gemeinschaft verbunden ist. Es geht nicht nur ums Kochen, sondern darum, jemanden einzuladen und mit ihm Zeit zu verbringen. Genau das wollten wir auch hier schaffen: ein Open House, ein Ort an dem man sich trifft, ins Gespräch kommt – ohne große Inszenierung. Einfach zusammen sein, gemeinsam essen, sich austauschen.
Also Food als Türöffner zur Kultur. Das klingt schön. Was genau bedeutet „Open House“?
Zaki: Open House ist ein Konzept aus Malaysia. An Feiertagen wie Hari Raya oder dem chinesischen Neujahr stehen die Türen offen – und wer vorbeikommt, ist willkommen. Es wird gegessen, erzählt, gelacht – ohne Einladung. Die Tür bleibt offen, und wer kommt, kommt. Meist in Festkleidung, oft mit Kindern, die sich auf ihr Duit Raya freuen – kleine Geldumschläge, ähnlich wie die roten Ang Pao zum chinesischen Neujahr. Man geht von Haus zu Haus, isst an fünf, sechs Orten am Tag – und muss aufpassen, dass man sich nicht gleich beim ersten zu satt isst (lacht). In Städten wie KL dauern die Feiern manchmal den ganzen Monat, weil alle Freundes- und Kollegenkreise untergebracht werden wollen. Diese Offenheit ist etwas, das mich sehr geprägt hat.
Hanno: Für mich war das erstmal ungewohnt – in Deutschland plant man ja meistens ziemlich genau, wen man wann einlädt. In Malaysia ist das alles viel spontaner, entspannter. Auch das Essen – es gibt viele verschiedene Gerichte, alles steht auf dem Tisch, jeder nimmt sich, was er möchte. Man bewegt sich, spricht miteinander. Das schafft direkt eine andere Atmosphäre. Und genau das wollen wir auch bei unseren Events spürbar machen.
Wo habt ihr kochen gelernt?
Zaki: Ich bin damit aufgewachsen. Bei uns zuhause wurde viel gekocht, besonders zu Festen. Meine Mutter und unsere Nanny waren ein eingespieltes Team – ich durfte oft mithelfen. Es gab keine Rezepte, alles lief nach Gefühl. Als ich dann nach Deutschland kam, musste ich vieles neu lernen – auch, weil man hier nicht alle Zutaten bekommt. Ein bisschen geholfen hat mir später ein Kochbuch, das meine Tante veröffentlicht hat. Aber vieles ist trotzdem einfach Erfahrung und Bauchgefühl. Für jedes Event bereiten wir alles von Grund auf selbst zu – jede Würzpaste, jeden Teig. Das heißt auch, dass wir viel experimentieren müssen.
Beispielsweise für unser Beef Dendeng – allein die Zubereitung dauert zwei Tage. Erst wird das Fleisch gekocht, geschnitten, mariniert und über Nacht eingelegt. Dann wird es knusprig gebraten und noch einmal in Chili und Tamarinde geschwenkt. Wir verbringen also unglaublich viel Zeit in der Küche. Learning by doing.
Also serviert ihr mit jedem Gericht auch ein Stück Tradition?
Hanno: Genau. In unseren Einladungen schreiben wir auch immer kurze Texte zu den einzelnen Gerichten, damit unsere Gäste wissen, was sie essen und warum wir es zubereiten. Zum Beispiel Pulut Kunyit – gelber Klebreis, der mit Kurkuma gefärbt und in Kokosmilch gedämpft wird. Den gibt es traditionell bei besonderen Momenten: zur Geburt, zur Hochzeit, zum Geburtstag. In Malaysia wird er kunstvoll dekoriert und verschenkt – als Zeichen des Glücks und des Dankes. Bei uns gab’s ihn neulich anlässlich eines Geburtstagsessens.
Zaki: Oder Ayam Masak Merah – Hühnchen in einer Sauce auf Tomatenbasis mit Zimt, Sternanis und Nelken. Das ist ein klassisches Festtagsgericht, das häufig nach dem Fastenmonat Ramadan oder bei Hochzeiten serviert wird. Allein der Geruch beim Kochen löst bei vielen unserer Gäste sofort etwas aus – selbst wenn sie das Gericht vorher nie gegessen haben. Es hat so eine Tiefe und Wärme.
Manchmal ist es auch ganz lustig, die Namen der malaysischen Gerichte zu erklären. Wir haben zum Beispiel Cucur Badak – das heißt wörtlich „frittierter Flusspferd-Snack“. Niemand weiß so genau, woher der Name kommt, aber drinnen steckt eine würzige Kokosfüllung mit Chili und Zitronengras, umhüllt von Süßkartoffelteig. Oder Kek Sarang Semut – der „Ameisenhügel-Kuchen“, ein Karamellkuchen mit einer ganz besonderen, löchrigen Struktur.
Ihr habt ja auch eine Tochter. Wie ist sie in eure Events eingebunden?
Hanno: Ja. Suraya ist meistens dabei, hilft mit, bringt auch Freundinnen und Freunde mit. Es ist schön zu sehen, wie selbstverständlich sie auf Menschen zugeht, wie offen sie ist. Und ihre Freunde finden das Konzept auch spannend – was uns ehrlich gesagt überrascht hat. Man denkt vielleicht, dass so ein Dinner-Event am Wochenende nicht die Traumvorstellung von 18-Jährigen ist. Aber scheinbar genießen sie es, von so vielen verschiedenen Menschen umgeben zu sein und sich hier im echten Leben treffen zu können. Vieles findet ja heute online statt, und es ist nicht immer einfach zu erkennen, was nun tatsächlich real ist. Bei den Events hier gibt es hingegen keinen Schein. Jeder ist hier so, wie er ist – und ich nehme an, dass diese Authentizität etwas ist, wonach sich gerade junge Leute sehnen.
Zaki: Stimmt. Uns ist es wichtig, diese Open House-Mentalität weiterzugeben. Das Einzige, woran wir mit Soraya noch arbeiten, sind die traditionellen Handwerkskünste der malaysischen Küche – Dumplings falten zu können ist schon ein Muss (lacht).
Eure Wohnung scheint wie gemacht für „Open House“. Habt ihr das bewusst so geplant?
Zaki: In unserer alten Wohnung in Charlottenburg war die Küche ziemlich abgetrennt vom Rest – man stand da hinten allein am Herd, während das Leben im Wohnzimmer stattfand. Ich fand das immer schade. Für uns gehört gutes Essen zu jeder Zusammenkunft – und wir wollten, dass sich das auch räumlich widerspiegelt.
Deshalb war uns klar: Wenn wir nochmal umziehen, dann so, dass die Küche zum Zentrum wird. Nicht irgendwo am Rand, sondern mitten im Geschehen. Heute ist das der Ort, an dem alles zusammenkommt. Beim Kochen stehen die Leute oft direkt neben uns, stellen Fragen, schauen zu, probieren etwas. Es ist eine ganz offene, lockere Stimmung – fast wie ein Wohnzimmer, nur mit Herd.
Hanno: Wir haben zwei Altbauwohnungen zusammengelegt und dabei viel Wert auf Offenheit gelegt – aber nicht im Sinne von „Loft mit Designmöbeln“, sondern eher: viel Licht, fließende Übergänge, Räume, die ineinandergreifen. Es gibt keine toten Ecken, keine abgeschlossenen Zonen. Man kann sich frei bewegen – und genau das passiert auch bei unseren Abenden. Die Leute wandern zwischen den Räumen, unterhalten sich mit immer neuen Gesichtern, setzen sich mal hier, mal da. Es entsteht fast automatisch eine Dynamik.
Zaki: Gleichzeitig war uns wichtig, dass es persönlich bleibt. Dass die Wohnung „uns“ widerspiegelt. Fast alle Möbel, Küchenutensilien und Deko-Stücke haben eine Geschichte. Die Sessel haben wir von einer Reise in Indonesien mitgebracht, die Töpfe und Holzlöffel stammen aus meinem Zuhause in Malaysia, die Bilder an den Wänden sind von befreundeten Künstler:innen
Ja, man spürt sofort eine besondere Wärme, wenn man bei euch zu Besuch ist.
Zu guter Letzt: Wie kann man bei euren Events dabei sein? Was kann man erwarten?
aki: Einfach vorbeikommen! Wir schreiben jeden Monat einen Newsletter und informieren so unsere Community über die nächsten Events. Wer mag, kann uns schreiben und bekommt dann in Zukunft auch Post von uns. Eingeladen ist jeder. Bei unseren Events kommen so viele verschiedene Menschen zusammen: Künstler:innen, Autor:innen, Schauspieler:innen, Designer:innen – aber auch Familien mit Kindern. Man kann alleine kommen oder mit Freund:innen.
Hanno: Es kommen in der Regel immer bekannte, aber auch neue Gesichter. Was schön ist, weil so jedes Mal eine andere Stimmung und Dynamik entsteht. Die Events finden immer zu bestimmten Themen statt. Wir hatten in diesem Jahr beispielsweise schon einen Food & Film-Nachmittag zur Berlinale, eine Kollaboration mit einer Autorin aus New York und haben neulich das Fastenbrechen zu Ramadan gefeiert.
Zaki: Unsere Menüs wechseln, aber ein paar Klassiker haben sich etabliert – zum Beispiel Nasi Lemak, dieses Kokosreisgericht, das in Malaysia oft in Bananenblätter gewickelt wird. Oder Rojak Mamak, ein herzhafter Salat mit frittierten Teigstücken, Gemüse und süß-scharfer Erdnusssoße. Manchmal gibt’s auch Kuih Bingka Ubi, einen traditionellen Maniokkuchen mit Kokosmilch. Vieles, was wir kochen, hat Hanno und mich auf unseren Reisen begleitet – und jetzt versuchen wir, diese Aromen hier in Berlin weiterzugeben. Wir freuen uns über jede:n, der oder die mit uns diese kulturelle Reise erleben möchte.
Hanno: Und nach dem Essen wird es übrigens meist noch musikalisch. Wie es in Malaysia üblich ist, bauen wir später oft noch die Karaoke-Maschine auf!
Falls ihr interesse habt und bei den nächsten Daun Daun Events dabei sein möchtet, schreibt eine Mail an writetous@mata-mata.de. Der Newsletter von Zaki und Hanno wird dann schon bald in eurem Postfach landen.
Fotos: Jules Villbrandt / Text: Laura Hanowski